Ein Artikel von Dr. Johannes Hebenstreit, 5020 Salzburg

Gemäß § 43 Abs. 4 VersVG hat jeder Versicherungsagent die Pflicht, die in § 137f Abs. 7 und 8 und § 137g GewO vorgesehenen Informationen zu erteilen. Das bedeutet im Wesentlichen, dass der Versicherungskunde nach dessen Angaben, Wünschen und Bedürfnissen zu beraten ist und dabei auch die Komplexität des Versicherungsvertrages berücksichtigt werden muss. Über diese Beratung ist ein Protokoll mit den Angaben des Kunden und den Ratschlägen des Agenten anzufertigen. Sowohl der Versicherungsagent, als auch der Kunde müssen eine Ausfertigung des Protokolls erhalten. Diese seit 2005 bestehende gesetzliche Verpflichtung ist die Folge der Umsetzung einer einschlägigen EU-Vorschrift, nämlich der Versicherungsvermittlungs-Richtlinie(1).

Die Protokollierungspflicht dient in erster Linie zur Vermeidung von Beweisproblemen. In einem allfälligen Rechtsstreit über den Inhalt der Beratung kommt dem Protokoll nämlich wesentliche Bedeutung zu. Wird eine Fehlberatung behauptet, müssen Versicherer und Agent anhand des Protokolls nachweisen können, dass eine ordnungsgemäße Beratung stattgefunden hat. Fehlen im Beratungsprotokoll wichtige Gesprächsinhalte, kann ein solcher Nachweis in der Regel nicht gelingen. Eine mangelhafte Dokumentation birgt daher ein hohes Haftungsrisiko.

Abgesehen davon stellt die Verletzung der genannten Informations-, Beratungs- und Protokollierungspflichten eine Verwaltungsübertretung dar und ist mit Geldstraße bis zu EUR 2.180.- bedroht(2).

Darüber hinaus kann der Kunde bei einem Verstoß gegen die Informationspflichten binnen zwei Wochen vom Vertrag zurücktreten. In jedem Fall endet die Frist allerdings einen Monat nach dem Zugang der Polizze und der Belehrung über das Rücktrittsrecht(3). Nur dann, wenn der Kunde auch keine Polizze oder keine Belehrung über das Rücktrittsrecht erhalten würde, könnte er sein Rücktrittsrecht unbefristet ausüben.

Einige Versicherungsunternehmen nennen die Verletzung der Protokollierungspflicht durch den Agenten auch als Beispiel für eine Auflösung der Vertragsbeziehungen aus wichtigem Grund. Das bedeutet, dass der Agent in gravierenden Fällen auch seinen Ausgleichsanspruch verlieren könnte. Ein solcher Fall ist, soweit ersichtlich, allerdings bisher noch nicht vom Höchstgericht entschieden worden, so dass diesbezüglich die Rechtslage noch nicht hinreichend geklärt wurde. Auf jeden Fall kann aber gesagt werden, dass die Beratungs- und Protokollierungspflichten für jeden Agenten ganz besonders wichtig sind und nicht unterschätzt werden sollten.

  1. Richtlinie 2002/92/EG vom 09.12.2002. Vgl. Art 12 und Art 13 dieser Richtlinie.
  2. § 367 Z 58 GewO.
  3. § 5b Abs. 4 VersVG.

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