Ein Artikel von Dr. Johannes Hebenstreit, 5020 Salzburg

Neues vom OGH zu den Pflichten des Versicherungsmaklers:
Wann haftet der Makler bei Unterversicherung?

Als Fachmann auf dem Gebiet des Versicherungswesens ist es Hauptaufgabe des Versicherungsmaklers, dem Kunden mit Hilfe seiner Kenntnisse und Erfahrung bestmöglichen, den jeweiligen Bedürfnissen und Notwendigkeiten entsprechenden Versicherungsschutz zu verschaffen. In diesem Zusammenhang trifft den Makler eine Reihe von gesetzlichen Pflichten, zB eine angemessene Risikoanalyse vorzunehmen, ein Deckungskonzept zu erarbeiten, den Kunden entsprechend zu beraten und die Polizze genau zu prüfen(1).

Ein schuldhafter Verstoß gegen diese Pflichten kann zur Haftung des Maklers führen. Der Sorgfaltsmaßstab ist grundsätzlich streng(2). Eine aktuelle OGH-Entscheidung zeigt allerdings, dass die Pflichten des Maklers auch nicht überspannt werden dürfen:

Anlässlich des Wechsels einer Feuerversicherung forderte der Makler den Kunden auf, die für die Berechnung der Versicherungssumme und Prämie notwendigen Daten, wie die bisherige Polizze und die Baupläne, zu übermitteln. Der Kunde übergab einige Unterlagen, Baupläne waren aber nicht dabei. Auf Basis dieser Informationen bereitete der Makler ein Versicherungsantragsformular mit einer Bruttogeschoßfläche von 495 m² vor, welches zur neuen Feuerversicherung führte. Nur wenige Monate nach dem Vertragsabschluss kam es zum Brand – und es stellte sich heraus, dass das Gebäude tatsächlich eine verbaute Fläche von 732 m² aufwies. Aufgrund der massiven Unterdeckung bezahlte die Versicherung nur einen Teil des Schadens.

Daraufhin klagte der Kunde den Makler auf Schadenersatz und argumentierte, der Makler habe in Verletzung seiner Pflichten die Überprüfung der Geschoßflächen unterlassen. Die mit dem Fall befassten Instanzen beurteilten die Frage unterschiedlich: Das Erstgericht folgte der Argumentation des Klägers nicht, sondern meinte, ein Makler müsse sich auf die ihm erteilten Informationen verlassen können. Er sei nicht verpflichtet, etwa das Gebäude selbst vermessen zu lassen. Das Berufungsgericht war hingegen anderer Auffassung und änderte das erstinstanzliche Urteil in eine klagsstattgebende Entscheidung ab. Es argumentierte, der Makler habe sich deshalb nicht auf die Behauptungen des Kunden verlassen können, weil dieser trotz Aufforderung keine Baupläne übermittelt hat. Der Makler habe auch nicht ausdrücklich auf die Bedeutung der Richtigkeit von Flächenangaben hingewiesen.

Der letztlich angerufene OGH änderte wiederum das Berufungsurteil ab und schloss sich der Auffassung des Erstgerichts an. Ohne Hinzutreten weiterer Umstände, so der OGH, habe für den Makler keine Veranlassung bestanden, an den Angaben des Kunden zu zweifeln. Der bloße Umstand, dass keine Baupläne übergeben wurden, verpflichtet noch nicht zu speziellen Nachforschungen des Maklers. Die Klage wurde daher abgewiesen.

  1. Vgl. § 28 MaklerG.
  2. Der Makler haftet nach ständiger Judikatur als Sachverständiger im Sinne des § 1299 ABGB.

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