Ein Artikel von Dr. Johannes Hebenstreit, 5020 Salzburg
Gemäß § 12 Abs. 1 VersVG verjähren Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag in drei Jahren. Nach Ablauf dieser Verjährungsfrist kann keine Leistung mehr vom Versicherer gefordert werden. Diese Bestimmung ist in der Praxis von enormer Bedeutung. Es verwundert daher nicht, dass Fragen zu Beginn und Ablauf dieser Frist schon wiederholt an den OGH herangetragen wurden. Die wichtigsten vom OGH entwickelten Grundsätze lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Seit der VersVG-Novelle 1994 ist der exakte Beginn der Verjährungsfirst im VersVG nicht mehr spezialgesetzlich geregelt. Es gilt daher auch im Bereich des Versicherungsrechts nunmehr die allgemeine Regelung des § 1478 ABGB, wonach die Verjährung mit dem Zeitpunkt beginnt, zu dem das Recht erstmals hätte ausgeübt werden können. Es wird also auf die Fälligkeit des Rechts bzw. Anspruchs abgestellt, so dass etwa für die Haftpflichtversicherung gilt, dass der Deckungsanspruch gegenüber dem Versicherer in dem Zeitpunkt fällig wird, in dem der Versicherungsnehmer von einem Dritten ernstlich in Anspruch genommen wird(1).
Die Anmeldung des Anspruchs beim Versicherer führt gemäß § 12 Abs. 2 VersVG zu einer Hemmung der Verjährung in der Weise, dass nach dem Wegfall des Hemmungsgrundes die bei Eintritt der Hemmung (Anspruchsmeldung) noch nicht abgelaufenen Teile der Verjährungszeit ablaufen. Die Hemmung fällt konkret mit dem Zugang einer begründeten Ablehnung des Versicherers beim Versicherungsnehmer wieder weg(2). Meldet der Versicherungsnehmer also seinen Anspruch z.B. genau ein Jahr nach Eintritt des Versicherungsfalls beim Versicherer an und lehnt dieser genau einen Monat später ab, verbleibt noch ein Zeitraum von zwei Jahren und einem Monat, bevor die Verjährung eintritt.
Grundsätzlich orientiert sich der Beginn der Verjährungsfrist daher an der in § 11 VersVG näher geregelten Fälligkeit. Diese Bestimmung gewährt dem Versicherer eine gewisse Zeit für allenfalls nötige Erhebungen Wenn aber der Versicherungsnehmer die Beendigung der Erhebungen des Versicherers schuldhaft verhindert, wozu etwa auch das Unterlassen der Anzeige oder der Mitwirkung bei den Erhebungen zählt, wird die Verjährung nicht gehemmt; die Verjährung beginnt dann ab dem Zeitpunkt zu laufen, in dem die Erhebungen bei einem korrekten Vorgehen aller Beteiligten beendet gewesen wären(3).
Vor kurzem bestätigte der OGH all diese Grundsätze erneut in einer Entscheidung zur Unfallversicherung(4): Ein Arbeitsunfall vom 06.10.2005 wurde erst am 07.02.2007 gemeldet. Am 01.03.2007 lehnte der Versicherer jegliche Zahlung ab. Der Anspruch war verjährt, denn im Sinne der obigen Ausführungen begann die Verjährungsfrist in jenem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Versicherer bei unverzüglicher Schadensmeldung seine Erhebungen hätte beenden können, also spätestens Mitte Dezember 2005. Gehemmt war die Frist nur zwischen Anmeldung und Ablehnung, also nicht einmal einen ganzen Monat. Die erst 2011 überreichte Klage war daher verspätet.
- OGH vom 01.09.2010, 7 Ob 91/10y.
- OGH vom 19.04.2012, 7 Ob 49/12z.
- OGH vom 14.12.2000, 7 Ob 207/00t.
- OGH vom 19.06.2013, 7 Ob 93/13x.
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