Ein Artikel von Dr. Johannes Hebenstreit, 5020 Salzburg

Wird einem Autobesitzer der fahrbare Untersatz geklaut und der Dieb verursacht damit einen Unfall, kommt in der Regel die Kaskoversicherung für den Schaden auf. Problematisch kann aber sein, wenn der Dieb das Auto mit einem entwendeten Schlüssel startet und der Schüssel nicht sicher verwahrt war. Dann besteht die Gefahr, dass die Versicherung dies als grobe Fahrlässigkeit einstuft und der Geschädigte leer ausgeht[1]. Grobe Fahrlässigkeit liegt aber nicht nur in offenkundigen Extremfällen vor, also zum Beispiel, wenn der Fahrer das Fahrzeug längere Zeit unbeaufsichtigt lässt, während der Schlüssel direkt im Zündschloss oder in der Tür steckt. Die Rechtsprechung unterstellt vielmehr schon dann grob fahrlässiges Verhalten, wenn der Dieb den Aufbewahrungsort der Schlüssel leicht erkennen oder herausfinden kann und keine wesentlichen Widerstände überwinden muss. Der OGH hat kürzlich wieder einen solchen Fall entschieden[2]:

Der Geschädigte war Betreiber eines Abendlokals. Er begab sich regelmäßig mit seinem Auto zum Lokal, stellte den Wagen vor dem Haus ab und legte die Autoschlüssel in eine unversperrte Lade hinter der Theke. Eines Abends nahm einer der Gäste die Schlüssel heimlich aus der Lade, startete den Wagen, fuhr los und verursachte einen Unfall mit Totalschaden.

Die Versicherung lehnte in der Folge die Schadenübernahme ab, weshalb der Geschädigte klagte. Während das Erstgericht dem Geschädigten noch Recht gab, sahen es das Berufungsgericht und der OGH anders: Wer Autoschlüssel in einem Lokal direkt hinter dem Tresen in einer unversperrten Lade aufbewahrt, handelt grob fahrlässig, denn der leicht zugängliche Aufbewahrungsort kann dann ständig von entlang des Tresens sitzenden oder dort stehenden Gästen eingesehen werden. Der Täter musste daher nur einen geeigneten Augenblick abwarten, um die Schlüssel ohne Überwinden weiterer Hindernisse an sich zu bringen. Wer es einem Dieb so leicht macht, handelt grob fahrlässig. Ob das entwendete Fahrzeug ein solches der Luxusklasse ist oder nicht, macht dabei keinen Unterschied.

Es ist also wichtig, Autoschlüssel immer sicher zu verwahren. Wer beispielsweise den Schlüssel im Hotelzimmer offen liegen lässt, muss bei einem Diebstahl mit einer Zahlungsverweigerung der Versicherung rechnen. Selbst das sichtbare Zurücklassen von Fahrzeugschlüsseln in einem versperrten Fahrzeug ist grob fahrlässig[3], weiters auch das Belassen von Schlüsseln im Handschuhfach zumindest dann, wenn es sich um ein neuwertiges, teures Fahrzeug handelt, welches über Nacht in Ungarn auf einem unbewachten Parkplatz abgestellt wird[4].

[1] Vgl. § 61 VersVG: „Der Versicherer ist von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeiführt“.
[2] OGH vom 28.08.2019, 7 Ob 122/19w.
[3] OGH vom 24.11.1998, 7 Ob 41/98z.
[4] Ebenda, FN3.

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