Ein Artikel von Dr. Johannes Hebenstreit, 5020 Salzburg

Private Haftpflichtversicherungen decken Schadensereignisse, die dem privaten Risikobereich entspringen und aus denen dem Versicherungsnehmer Schadenersatzverpflichtungen erwachsen. Eine wichtige Einschränkung des Versicherungsschutzes in den Bedingungen solcher Versicherungen ist die sog. „Gefahr des täglichen Lebens“[1]. Versichert sind also nur solche Schadensereignisse, mit denen üblicherweise im alltäglichen Privatleben eines Menschen gerechnet werden muss.

Die Gefahr, jemandem Schadenersatz leisten zu müssen, stellt im Leben eines Durchschnittsmenschen eine Ausnahme dar. Deshalb will die Privathaftpflichtversicherung prinzipiell Deckung auch für außergewöhnliche Situationen schaffen, in die ein Durchschnittsmensch hineingeraten kann. Die von der Haftpflichtversicherung gedeckte „Gefahr des täglichen Lebens“ ist daher nicht allzu eng auszulegen. Für das Vorliegen einer solchen Gefahr ist vor allem nicht erforderlich, dass sie geradezu täglich auftritt. Vielmehr genügt es, wenn die Gefahr erfahrungsgemäß im normalen Lebensverlauf immer mal wieder, sei es auch nur selten, vorkommt. So ist zB ein Unfall im Rahmen einer Hochgebirgstour[2] oder beim Tontaubenschießen[3] noch eine Gefahr des täglichen Lebens. Auch ein vernünftiger Durchschnittsmensch kann sich zu einer gefährlichen Tätigkeit, aus der die entsprechenden Folgen erwachsen, hinreißen lassen oder aus Unvorsichtigkeit eine Gefahrensituation schaffen bzw. sich in einer solchen völlig falsch verhalten[4].

Es darf sich nur nicht um eine von Vornherein geradezu ungewöhnliche Gefahr handeln und auch nicht um eine Gefahrensituation, die aus bloßem Mutwillen bewusst geschaffen wird. Dies ist regelmäßig beim Hantieren mit gefährlichen Stoffen der Fall, zB beim Spielen mit Streichhölzern oder gar Böllern[5].

Eine aktuelle Entscheidung des OGH[6] zeigt, dass aber auch Situationen, die an sich harmlos und alltäglich beginnen, durch entsprechendes Fehlverhalten schnell den Charakter einer „Gefahr des täglichen Lebens“ verlieren können: Ein Versicherungsnehmer unternahm einen Annäherungsversuch in einem Lokal. Die Frau war nicht interessiert und ließ den Mann abblitzen. Der offenbar liebestolle Mann ließ sich davon aber nicht abhalten und wurde immer zudringlicher. Selbst eine Ohrfeige stoppte ihn nicht. Schließlich setzte sich der Mann ungefragt so zur Frau, dass diese nicht mehr aufstehen und weggehen konnte. Er bedrängte sie also so, dass sich diese veranlasst sah, sich zur Wehr zu setzen. Dabei wurde sie vom Mann unabsichtlich verletzt.

Die private Haftpflichtversicherung des aufdringlichen Verehrers musste den Schaden nicht decken, denn der OGH verneinte das Vorliegen einer „Gefahr des täglichen Lebens“ und stellte fest: „Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer würde die eindeutige Ablehnung einer Frau akzeptieren“.

[1] Vgl. Art. 8 der Allgemeinen Bedingungen für die Haushaltsversicherung, ABH 2002.

[2] OGH vom 26.11.2014, 7 Ob 171/14v

[3] OGH vom 30.01.1992, 7 Ob 1/92

[4] OGH vom 31.05.1995, 7 Ob 26/95

[5] OGH vom 10.06.2015, 7 Ob 97/15p

[6] OGH vom 19.11.2015, 7 Ob 182/15p

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