Ein Artikel von Dr. Johannes Hebenstreit, 5020 Salzburg

Die private Unfallversicherung soll finanzielle Schäden ausgleichen, die durch einen Unfall entstehen. Von Bedeutung ist dies vor allem bei Freizeitunfällen, weil die gesetzliche Unfallversicherung nur die Folgen von Arbeitsunfällen deckt.

Versichert ist unter anderem das Risiko der dauernden Invalidität. In einem solchen Fall wird der dem Prozentsatz der Invalidität entsprechende Anteil an der Versicherungssumme ausbezahlt (sog. „Gliedertaxe“). Häufig ist allerdings in den Monaten nach dem Unfall noch unklar, wie sich der Gesundheitszustand entwickeln wird. Deshalb ist vorgesehen, dass eine bereits festgestellte Invalidität innerhalb von vier Jahren ab dem Unfalltag neubemessen werden kann[1]. Verschlechtern sich also die Unfallfolgen, so muss innerhalb des genannten Zeitraums eine Nachuntersuchung zur Neubemessung des Invaliditätsgrades beantragt werden.

Hier ist bei der Berechnung der Frist Vorsicht geboten: Fristgerecht ist der Antrag auf Neubemessung nach der höchstgerichtlichen Judikatur nur dann, wenn er so rechtzeitig gestellt wird, dass die ärztliche Untersuchung nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge noch vor Ablauf der Frist möglich ist[2]. Es genügt also nicht, am Tag vor Ablauf der vierjährigen Frist einen entsprechenden Antrag zu stellen; ein solcher Antrag wäre verspätet[3].  Um hier sicher zu gehen, sollte man unbedingt zumindest ein paar Wochen vor Fristablauf tätig werden.

Die Voraussetzungen für die Neubemessung gelten übrigens für beide Seiten gleich. Auch der Versicherer muss daher zeitgerecht handeln, wenn er der Meinung ist, dass sich der Gesundheitszustand des Versicherten gebessert hat.

Die Vierjahresfrist ist eine Ausschlussfrist. Der Zweck der Regelung liegt in der möglichst raschen Herstellung von Rechtssicherheit und Rechtsfrieden. Beide Parteien – also Versicherungsnehmer bzw. Versicherter einerseits und Versicherer andererseits – sollen innerhalb eines überblickbaren Zeitraums Klarheit über den Grad der Invalidität erlangen können. Spätestens nach vier Jahren soll also im Sinne einer Risikoabgrenzung ein Schlussstrich gezogen werden: Der Invaliditätsgrad am Ende dieser Frist ist maßgebend. Allfällige noch spätere Verbesserungen oder Verschlechterungen bleiben außer Betracht. Wird die vierjährige Frist versäumt, bleibt es bei der bisherigen Bemessung der Invalidität.

[1] Vgl. Art. 7.6 der Allgemeinen Bedingungen für die Unfallversicherung, AUVB 1995.

[2] OGH vom 27.03.2013, 7 Ob 153/12v

[3] OGH vom 06.04.2016, 7 Ob 47/16m

 

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