Ein Artikel von Dr. Johannes Hebenstreit, 5020 Salzburg

Beim Abschluss jedes Versicherungsvertrages muss die Frage gut überlegt werden, für welchen Lebensbereich die Versicherung gelten soll. Dabei muss eine wichtige Unterscheidung im Auge behalten werden, nämlich jene zwischen der privaten und der beruflichen bzw. betrieblichen Sphäre. Die Trennung dieser Bereiche ist wichtig, denn eine Gefahr, die dem Privatbereich zuzuordnen ist, wird nicht von einer beruflichen bzw. betrieblichen Versicherung gedeckt und umgekehrt. Dieser Unterschied scheint auf den ersten Blick einfach und selbstverständlich. Die Praxis zeigt allerdings, dass es nicht immer leicht ist, präzise zwischen diesen Bereichen zu differenzieren; dementsprechend landen diverse Abgrenzungsfragen nicht selten vor den Gerichten, wie die folgenden Beispiele verdeutlichen:

Eine Privathaftpflichtversicherung versichert Privatpersonen gegen Risiken im normalen Lebensalltag (sog. „Gefahren des täglichen Lebens“[1]). Parallel dazu gibt es auch Haftpflichtversicherungen für berufliche bzw. unternehmerische Tätigkeiten. Im Schadensfall ist genau zu prüfen, welchem Risikobereich die Schadensursache zuzuordnen ist; entscheidend ist dabei, ob die den Schaden verursachende Tätigkeit in einem unmittelbaren, inneren Zusammenhang mit dem Betrieb bzw. Beruf steht: Erbringt zB ein als Fußbodenleger berufstätiger Versicherungsnehmer lediglich aus Gefälligkeit im Rahmen des Privatlebens Verlegungsarbeiten beim Nachbarn, zählt dies noch zum Privatbereich, denn es schadet nicht, wenn im Rahmen einer privaten Tätigkeit auch berufliche Kenntnisse genutzt werden[2]. Umgekehrt hat eine Betriebshaftpflichtversicherung einzutreten, wenn eine Angestellte für ihren Vorgesetzten mit im Privatleben erworbenen Kenntnissen Kaffee macht und dabei einen Schaden anrichtet, denn die Tätigkeit steht in einem direkten Zusammenhang mit dem Betrieb[3]. In keinem solchen Zusammenhang mehr stehen hingegen Fälle, in denen der Versicherte einem Arbeitskollegen durch mutwilliges Verhalten einen Schaden zufügt, auch wenn er sich dabei eines Betriebswerkzeugs bedient.

Aber nicht nur im Bereich der Haftpflichtversicherungen stellt sich die Abgrenzungsproblematik. Auch bei Rechtsschutzversicherungen ist zu differenzieren: So läuft etwa ein Versicherungsnehmer, der privat zwecks Vermögensveranlagung in Gesellschaftsbeteiligungen investiert, durchaus Gefahr, dabei unbewusst einen unternehmerischen Einsatz zu entfalten und damit aus einer privaten Rechtsschutzversicherung keine Deckung für damit in Zusammenhang stehende Streitigkeiten zu erhalten (wobei allerdings darauf hinzuweisen ist, dass der Rechtsbereich der Vermögensveranlagung von den meisten Rechtsschutzversicherungen ohnehin generell ausgenommen ist)[4]. Sogar die zweifellos grundsätzlich dem Privatbereich zuzurechnende Übernahme der Mithaftung für einen vom Ehegatten für dessen Betrieb aufgenommenen Geschäftskredit kann unter bestimmten Voraussetzungen zu einer Erwerbstätigkeit werden[5].

Es ist also besondere Vorsicht geboten, insbesondere auch bei der Beratung durch Agenten.

[1] Auch der Begriff der „Gefahren des täglichen Lebens“ wirft schwierige Abgrenzungsfragen auf; diesen Aspekt zu behandeln, würde hier aber zu weit führen. Dieser Artikel behandelt die Abgrenzung zwischen Berufs- und Privatbereich, nicht auch die Abgrenzung zwischen den sog. „Gefahren des täglichen Lebens“ und anderen Gefahren bzw. Risiken.

[2] 7 Ob 7/94.

[3] Vgl. Kuwert, Privat-Haftpflichtversicherung, 1984 S. 39.

[4] 7 Ob 210/14d. Der OGH differenziert hier vor allem danach, ob der Versicherungsnehmer nur Geldgeber ist oder auf die Gesellschaften, in welche er investiert, auch Einfluss nehmen kann.

[5] 7 Ob 46/04x.

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