Ein Artikel von Dr. Johannes Hebenstreit, 5020 Salzburg

Aktuelles zum Begriff der „Gefahren des täglichen Lebens“

Viele Eigenheimversicherungen umfassen auch eine Haftpflichtversicherungskomponente. In solchen Fällen sind dann unter anderem Schadensereignisse versichert, die dem privaten Risikobereich entspringen und aus denen dem Versicherungsnehmer Schadenersatzverpflichtungen erwachsen(1). Näher umschrieben ist der Versicherungsumfang solcher Haftpflichtversicherungen wie folgt: „Die Versicherung erstreckt sich auf Schadenersatzverpflichtungen des Versicherungsnehmers als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens mit Ausnahme der Gefahr einer betrieblichen, beruflichen oder gewerbsmäßigen Tätigkeit, insbesondere (…) aus der nicht berufsmäßigen Sportausübung“(2).

Der Begriff der „Gefahr des täglichen Lebens“ ist nicht näher definiert und bietet deshalb viel Raum für Auffassungsunterschiede. Es überrascht deshalb auch nicht, dass häufig bei Gericht darüber gestritten wird, ob ein Unfall noch zu den Gefahren des täglichen Lebens zählt oder nicht. Kürzlich ging ein solcher Rechtsstreit wieder einmal zum Höchstgericht. In einer interessanten Entscheidung musste sich der OGH damit befassen, ob ein Unfall im alpinen Gelände zu den Gefahren des täglichen Lebens zählt(3):

Der Versicherungsnehmer war seit seinem 13. Lebensjahr Mitglied des Alpenvereins. Das Bergsteigen war sein größtes Hobby und er unternahm deshalb praktisch jedes Wochenende Berg- oder Skitouren. Regelmäßig war er auch als Bergtourenführer des Alpenvereins unterwegs, aber unentgeltlich und freiwillig, also nicht gewerbsmäßig. Als der Verein im Sommer 2012 eine Tour auf die Reichenspitze veranstaltete, die der Versicherungsnehmer führte, kam es zu einem Unfall. Eine Teilnehmerin kam zu Sturz und riss vier Mitglieder einer Seilschaft mit, wodurch es zu schweren Verletzungen kam. Später stellte ein Sachverständiger fest, dass der Versicherungsnehmer den Sturz durch bessere Sicherungsmaßnahmen hätte verhindern können. Daraufhin verlangte eine schwerverletzte Teilnehmerin Schadenersatz vom Versicherungsnehmer, der diesbezüglich seine Eigenheimversicherung (samt Haftpflichtversicherung) in Anspruch nehmen wollte.

Der Versicherer lehnte allerdings die Zahlung ab und argumentierte, dass der hier verwirklichte Schaden keine Gefahr des täglichen Lebens sei. Der Versicherungsnehmer habe als Seilführer eine Gefahrensituation geschaffen, die ungewöhnlich – also nicht alltäglich – sei. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer bewege sich nicht als Führer im Hochgebirge, weshalb keine Deckung bestehe.

Alle drei befassten Gerichtsinstanzen folgten dieser Argumentation allerdings nicht und verpflichteten den Versicherer zur Zahlung: Das ehrenamtliche Führen von Personen im alpinen Gelände stellt, so die Gerichte, keine so ungewöhnliche und gefährliche Tätigkeit dar, dass sie vom Versicherungsschutz ausgenommen ist. Gerade in Österreich sind Hochgebirgstouren, sei es allein oder in Gruppen, häufig. Außerdem ist nach den vertraglichen Grundlagen jede nicht berufliche Sportausübung versichert. Eine Ausnahme für Extremsportarten ist nicht vorgesehen. Auch der Anführer einer Gruppe von Bergsteigern übt daher einen bedingungsgemäß zu den Gefahren des täglichen Lebens zählenden Sport aus.

  1. Vgl. Art 8 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haushaltsversicherung, ABH 2002
  2. Art. 10 aaO.
  3. OGH vom 26.11.2014, 7 Ob 171/14v

Diesen Artikel als PDF herunterladen.