Ein Artikel von Dr. Johannes Hebenstreit, 5020 Salzburg

VPI-Indexanpassungsklauseln sind in Privatversicherungsverträgen – insbesondere auch in der Rechtsschutzversicherung – weit verbreitet. Mit solchen Klauseln werden Prämien und Versicherungssummen einmal im Jahr automatisch der Inflation angepasst. In einer mit Spannung erwarteten und vielbeachteten Entscheidung hat sich der OGH vor kurzem mit der Zulässigkeit und Reichweite derartiger Klauseln auseinandergesetzt(1).

Es ging konkret um eine Wertsicherungsklausel in den ARB 2012, in welcher vorgesehen war, dass sich sowohl Prämie, als auch Versicherungssumme in Entsprechung der Entwicklung des VPI 2010 jährlich ändern, d.h. regelmäßig erhöhen. Der Kunde war berechtigt, diese Wertsicherungsvereinbarung separat zu kündigen. Im Falle einer solchen Kündigung wäre zwar die Prämie gleich geblieben, es hätte sich allerdings die Leistung des Versicherers im gleichen Verhältnis reduziert, in dem sich die Prämie durch die Wertsicherung erhöht hätte.

Der OGH erachtete diese Klausel zur Gänze als unwirksam. Er argumentierte, dass sich im Zeitpunkt des Abschlusses eines Versicherungsvertrages die Vertragsparteien über die Angemessenheit der jeweiligen Leistungen einig seien, d.h. Konsens darüber herrsche, dass Prämie und Versicherungssumme in einer richtigen Relation stehen. Sollte der Wert der Versicherungssumme nun aber in der Folge inflationsbedingt sinken, so liege es an den Vertragsparteien, ob und in welchem Ausmaß sie eine Anpassung des Versicherungsvertrages vornehmen wollen. Es steht dem Versicherungsnehmer dabei frei, eine Erhöhung abzulehnen, wenn er sie für sich als nicht notwendig erachtet. Durch die strittige Klausel werde die Inflationsanpassung aber verpflichtend, d.h. unabhängig vom konkreten Willen des Kunden steige die Prämie regelmäßig. Dafür gebe es keine sachliche Rechtfertigung; dass gleichzeitig auch immer die Versicherungssumme angepasst wird, ändere daran nichts, weil es eben durchaus sein könne, dass ein Kunde eine solche „Doppelanpassung“ im Einzelfall nicht wolle. Auch die separate Kündigungsmöglichkeit der Wertsicherungsvereinbarung sei ungültig, weil damit ja eine Sanktion verbunden ist, nämlich eine aliquote Leistungskürzung. Auch damit sei von einer einseitigen Benachteiligung des Versicherungsnehmers auszugehen, welche die gesamte Klausel als nichtig erscheinen lasse.

Die Entscheidung wurde in der einschlägigen Fachliteratur bereits kritisiert(2). Die Versicherungswirtschaft wird sich aber mit dieser Entscheidung näher beschäftigen müssen, da die Argumente des OGH, mit welchen er die Nichtigkeit der strittigen Klausel begründet, für sämtliche Versicherungszweige im Bereich der Privatversicherung von Bedeutung sind.

  1. OGH vom 09.04.2015, 7 Ob 62/15s.
  2. Vgl. Kath, Prämienanpassungsklauseln in der Privatversicherung, RdW 2015, 469.

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